Die langsam Entfachende

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Sie mag es langsam. 

Sie liebt es wenn ich ihr Gesicht mit leicht geöffneten Lippen küsse. Sie genießt es wie ich zärtlich ihre Konturen mit meinen großen Händen nachzeichne. Sie mag es wenn ich kreativ bin, sie aus ihrem schnöde gewordenen Alltag hole. Sie glaubt mir wenn ich ihr sage, dass am Ende alles gut wird. Sie lehnt sich zart in meine breiten Schultern, lässt sich gerne ganz von mir umschlingen, mag das Gefühl vergraben zu sein. Sie liebt es mich zu ermahnen, „dein Kinn kratzt mich beim Küssen“, „schieb ihn langsam rein“, oder auch einfach nur ein gekünstelt entrüstetes „LEON!!“ wenn ich wieder einmal etwas wahnsinnig blödes gesagt habe. Herrlich wie verliebt ich nach all der verstrichenen, genossenen Zeit noch bin. Ich bin verliebt in ihre in letzter Zeit viel zu oft traurig blickenden Augen. Ich liebe es wie ihre Augen vor Tiefe glühen, scheu bei Fremden, feurig wenn ich ihr in die Seele starre. Ich mag ihre kreative Ader, sie muss immer etwas mit den Händen machen seit ihr Kopf nicht mehr 24/7 an hochkomplexen Sachverhalten arbeitet. Sie häkelt, bastelt, malt unbeschreiblich schöne Kunstwerke, schaut sich ihre tief vergrabenen Themen mit chirurgischer Präzision, mit dem Mut einer Löwin an. Sie kämpft, kämpft gegen die unausweichlich auf Burnout folgende Depression an. Ich versuche ihren starken Rücken zu decken, ich bekoche sie, ich räume die Spülmaschine ein und wieder aus. Ich schenke ihr Gedichte. Ich singe für sie wenn sie traurig schaut. Ich entlocke ihr das schönste Lächeln das es auf dieser Welt gibt. Sie lernt langsam wieder sich fallenlassen zu können, lernt mir und meinem Verstand wieder Vertrauen schenken zu wollen. Sie hat sich keinen leichten Partner ausgesucht, sie liebt auch meine Höllenhunde. Sie ist mein Gegenpol, das Licht für meinen Schatten, der Mond zu meiner Sonne. Wegen ihr sitze ich hellwach zu psychiatrischer Schlafenszeit im Aufenthaltsraum und schreibe zu Massive Attack nieder wie sehr ich sie liebe. 

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