Nichtschwimmer

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Peinlich auffällige Gehirnwäsche, suggerierende Therapeuten. Ich will, dass Sie das verstehen, ich baue Blickkontakt auf, ich nicke. Ob ihnen die Macht ihrer so daher gesagten Worte bewusst ist? Ob ihnen ihre Machtposition bewusst ist? Klar, es ist die letzte Stunde einer langen Woche. Klar, sie haben danach den (wahrscheinlich) wohlverdienten Urlaub. Klar, sie sind auch nur Mensch, kochen ihre Ungeborenen auch nur in siedend heißem Wasser. Und doch stelle ich Kompetenz in Frage, wenn in der Gruppe zum Thema Angst derart grob therapiert wird. So grob, dass Patienten den Raum wutentbrannt verlassen. So grob therapiert wird, dass die Wut mir noch über eine Stunde nachhängt obwohl nicht ich gegangen bin. Besonders amüsiert bin ich über mich, hinterfrage ich doch woher die Wut denn kommt statt einfach nur sauer zu sein. Frage mich wo meine eigene Bewertung für Wut sorgt, welches psychologische Grundbedürfnis unbefriedigt bleibt oder wie mein Denken mein Handeln, mein Handeln mein Gefühl und mein Gefühl mein Denken beeinflusst und andersrum. Ich will einfach nur wütend sein, keinen Suchtdruck verspüren und die Wut wie sie gekommen ist auch wieder gehen lassen. Ich fühle mich therapirisiert. Ja, das ist ein Neologismus. Er beinhaltet das sadistisch genaue unter die Lupe nehmen von allem was man so ist, das reduzieren auf kleine Atome aus denen wir ja nun irgendwie bestehen und dem beleuchten jeder noch so dunklen Ecke. Sie, liebe Frau Therapeutin, fahren nach besagter Gruppe nach Hause. Sie, liebe Frau Therapeutin, sind geschult im Umgang mit Therapie. Sie, liebe Frau Therapeutin, haben jetzt eine Woche frei. Wir, nein, Ich, liebe Frau Therapeutin, befinde mich in einem schimmligen Becken mit abgestandenen Wasser, ohne Rückzugsmöglichkeit, ohne einen klaren Cut und kann nicht eine Woche Urlaub machen. Kann nicht vor den stumpfsinnigen Fischen davonschwimmen. Muss ausharren, in Bewegung bleiben um meine Kiemen konstant mit dem laschen Therapie Wasser zu durchfluten. Wurde nicht professionell geschult mit Therapie umzugehen. Sie stehen am Beckenrand, analysieren fleißig das Klärbecken, zeigen uns mentale Kunststückchen die für das offene, weite Meer vorbereiten sollen. Therapeuten haben große Macht, ihre Worte können verdammt viel anrichten. Mit großer Macht kommt eine noch größere Verantwortung. Ja sie können Helden sein. Oft bewundere ich Therapeuten. Kommen sie doch an unerforschte Orte, behalten stets den Überblick und lösen jahrelang gestellte Rätsel mit wenigen Blicken, Wörtern und Handlungen. Mit großer Macht kommt noch größere Verantwortung. Dieser sind sie heute, meiner persönlichen Einschätzung nach, nicht gerecht geworden. Das war hingerotzt. Das war in die Ecke treibend. Das war verletzend. Schlechten Job gemacht, ungerechtfertigt bezahlt worden. Erst Stunden später habe ich mich genug gesammelt um meinem Ärger über das einzige mir hier gegebene Ventil Luft zu machen. Mein Gefühl ist Ärger. Mein Verhalten beinhaltet Rückzug, beinhaltet zu viel Essen. Meine Gedanken drehen sich um das gesagte, zerkauen es, bitterer Nachgeschmack. Laut ihnen vielleicht auch nur Vermeidung, von was wollten sie nicht mit mir teilen, lediglich mein Denken in Frage stellen? Ich war heute nah an der De-Realisierung. Sie haben ihren Teil dazu beigetragen. Wie das? Stress Resilienz Modell. Es geht um wahnsinnig sensible Themen. Themen die Menschen in soziale Isolation treiben. Themen die Menschen fühlen lassen gleich zu sterben. Themen die Menschen zu Selbstmordversuchen treiben. Sie haben bald Urlaub. Sie sitzen auf der richtigen Seite der Therapie. Sie reden von Dingen die sie nie gefühlt haben, die sie hoffentlich nie fühlen werden. Ihre Aufgabe ist es Wege zu zeigen. Der Weg ist das Ziel. Ziel verfehlt. Vom Weg abgekommen, der Bewunderung nicht gerecht, nicht würdig geworden. Nächste Stunde, nächste Chance. Für mich wie für sie.

Auch oder besonders diese therapeutische Einheit war wichtig. Sie hallt nach, hat etwas mit mir gemacht. Ich fange an die mir an die Hand gegeben Werkzeuge zu nutzen. Ich habe ein Ventil für mich identifiziert und genutzt. Ich habe Suchtdruck aufgrund (vermeintlich) geringfügiger Unannehmlichkeiten anerkannt, beobachtet und überlebt. Ich konnte mir in den ersten Zügen der De-Realisierung die Methode zu nutze machen, mich beim Fühlen zu beobachten. Ich habe für mich gesorgt, habe verschiedene Techniken ausprobiert. Habe versucht mit Menschen zu sprechen. Habe versucht spazieren zu gehen. Funktioniert hat letztendlich ein Telefonat, der körperliche und geistige Rückzug und die Belohnung mit leckerem Essen.

Ich bin stolz auf mich.

Das war eine beschissene Situation. Ich bin (im Vergleich zu früher) verdammt gut mit ihr umgegangen.

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