Nüchtern sein widerspricht meinem jahrelang gepflegten Selbstbild. Es war so leicht, sich mit Alk und Drogen von dem ganzen stumpfsinnigen Rest abzusetzen. Ich mach das, aha, du auch, aha, du findest die Welt und ihre Bewohner auch beschissen? Lass Freunde sein! Berauschte Gespräche ohne Angst sich zu offenbaren, zu blamieren, ansprechen was man wirklich meint. Wer bin ich wenn ich nüchtern bin? Bin ich auch nur einer von den verachtenswerten Pissern? Gibt es jemand der genau so über mich denkt wie ich über den Abschaum? Frage was das ganze soll, warum es nicht einfach hätte einfach sein können. Ich finde es Scheiße. Scheiße hier sein zu müssen. Scheiße nicht ohne Therapie leben zu können. Scheiße nicht weiter konsumieren zu können ohne zu verwahrlosen. Wer bin ich wenn ich nüchtern bin? Es fühlt sich an als würde ich meine Ideale verraten. Die Welt ist Scheiße deshalb pfeif drauf, lass das machen bis wir umfallen. Lass anders sein bis zum letzten Atemzug, lass den Rausch nie abklingen. Ich werde älter, plötzlich Nesttrieb, plötzlich Karrierewunsch. Ich kotz mich an, will ich doch einfach nur Haus, Vorgarten und Kind mit Hund. Ich werde mein schlimmster Feind, Metamorphose. Dichte Raupe zur Motte mit gestützten Flügeln, fliegen verdammt anstrengend. Immer dem Licht hinterher, akzeptier das Düstere in mir, trage es nach außen. Scheuklappen, Licht, ich will Licht. Wie das geht, find den Schalter nicht.